Festival-Tommy: Ich auf dem Roadburn 2018

Wenn man junge Männer vom Stall lässt, stellen sie die unmöglichsten Sachen an. Noch schlimmer aber sind die der Clerasil-Phase längst entwachsenen Typen. Also ihr glaubt gar nicht, was man beim Gemüse-Schneiden im Campingbus nicht alles unters Messer kriegt, wenn man Tommy heißt und auf ’nen Festival ist: Gurken und Möhren, aber auch Socken (Upps!), Bier- (zum Wohl!) sowie Ravioli-Dosen (Pfui, Teufel!) – und den eigenen Finger. Schwupps war er ab. Also zumindest die Fingerkuppe. Sie hing gerade noch an einem Fetzen. Boah, das Teil hat geblutet wie im Splatter-Horrorfilm. Aber da ich die nächste Band gucken wollte, hab ich auf den Festival-Sanitäter gepfiffen und mir das rote Etwas einfach selbst wieder in die Hand gedrückt, Pflaster drüber, fertig.
Dann, paar Stunden später, schwinge ich mich auf einen Holzstapel (müde Beine), und ramme mir drei (!) fette Holzsplitter in die (andere) Hand. Sanitäter? Ach, was?
Doch mit der Hand bekam ich das Holzzeugs nicht heraus, also hab ich sie mir „professionell rausgebissen“; so wie ein obercooler Westernheld die Kugel, habt ihr sicher schon mal gesehen.
Nun ja, ihr könnt euch vorstellen, dass beide Hände danach wie abgestochen aussahen.
Selbst schuld, ich weiß.
Aber ein bisschen Mitleid bräuchte ich dennoch, denn ihr glaubt nicht, wie mit zwei verletzten Händen plötzlich die alltäglichsten Alltagstätigkeiten zu den unmöglichsten Herausforderungen werden.
Der große Toilettengang zum Beispiel. Also schon unter normalen Voraussetzungen ist der auf dem Campingplatz (dort waren wir nach dem Festival) ja nicht gerade ein Highlight, sondern eher eine Heimsuchung. Aber mit zwei abgestochenen Händen? Doch was muss, das muss. Und zum Glück war auch nie was los (ich habe extra gewartet), ich konnte mir aus 20 freien Kabinen eine aussuchen.
Bis ich saß, war das stille Örtchen in der Tat ein müffelndes, überhitztes, aber stilles Örtchen. Dann aber ging die Tür auf … und was glaubt ihr, wohin gingen die Schritte? In welche der noch 19 freien Kabinen? Genau! Direkt in meine Nachbarkabine.
Also ich mag ja Besuch und Nähe und so. Aber ein nachbarschaftliches Verrichten der Dinge? Nee, das geht zu weit. Ich hätte mir vor lauter Scham (deutliche Geräusche von nebenan) beinahe in die Hand gebissen.
Jetzt bin ich ja wieder zu Hause. Und die Wunden heilen auch schon, die Fingerkuppe wächst nach, mein stilles Örtchen ist wieder ein stilles Örtchen, ich ernähre mich wieder gesund, alles gut. Nur vernünftig, ich glaub, vernünftig werd ich nie.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ich mir nach der selbst zugefügten Blutschlacht erst mal geschwind eine Tetanus-Impfung holen musste, die so reinschlug, dass ich eine ganze Woche lang vor Schmerzen kaum noch laufen konnte.
Aber wie sagt man so schön? Nur die Harten kommen in den Garten.
Ich wünsche euch eine zauberhafte Woche; macht was draus und beißt euch nicht! Aber mal im Ernst … auf eine so bescheuerte Idee würde ja euch kein Mensch kommen Never ever.
Euer Westernheld Tommy

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