Totgesagte leben länger, sagt man, und das stimmt. Verdammte Hacke, war ich gestern überrascht, als etwas gegen unsere Haustür flog (die Briefträgerin war wohl übel drauf und übte sich im Weitwurf) und ich wenig später den neuen IKEA-Katalog durchblätterte. Krasser Scheiß, heiliger Strohsack, ich traute meine Augen nicht. Doch tatsächlich. Die Schweden haben doch wieder Bücher in ihren Regalen. Also echte Bücher mit Cover, Farbe, Titel und so. Im letzten Katalog hatten sie ja angefangen, Bücher aus ihren Möbeln zu verbannen. Quasi als Symbol des Vormarsch des Digitalen. Wenn im letzten Katalog welche zu sehen gewesen waren, hatte es sich zumeist um schwarze oder weiße, coverlose Einzelstücke gehandelt. Einige hatten sogar bereits den IKEA-Tod des Buches vorhergesagt. Jetzt aber gibt es zumindest wieder ansatzweise so was wie ein offenes Bücherregal – im Kinderzimmer, aber immerhin. Und auch in einem Wohnzimmer hab ich 18 Bücher entdeckt. So richtig trauen sich die Schweden nicht, aber wenigstens haben sie das Buch nicht ganz vergessen. Sie geben ihm noch eine Chance. Ey, Leute, und das feier ich. Ich liebe Bücher. Ich liebe es, durch Buchhandlungen zu gehen. Ich liebe Büchereien. Und ich liebe den Moment, wenn ich ein Buch erstmalig aufschlage. Ich tue das meistens fast ein wenig ehrfürchtig, fühle das Papier, rieche, spüre meinen Finger auf dem Blatt, während ich es halte. Und dann der erste Satz. Wieder und wieder lese ich ihn, denke drüber nach. Bis ich schließlich eintauche in die Geschichte. Ja, ich weiß, dass E-Books praktisch sind; Jimmy liest fast ausschließlich digital. Ich aber finde: Ein Raum mit Büchern ist wie ein Treffen mit alten, guten Freunden. Ich weiß, dass sie immer für mich da sind. Und ihre Nähe tut mir einfach gut.
Sicher kennt ihr das. Ihr habt noch Bücher offen rumstehen. Oder etwa nicht?
Euer Tommy
Weil da jemand ist, der auf uns wartet
Fast jeder von uns hat wohl etwas, dem er nicht widerstehen kann. Sei es im Kino die Popcorntüte oder im Zoo das Streicheln der Ziegen und Schafe.
Bei mir ist es das Meer. Ich liebe es, und ich kann ihm nicht widerstehen. Wenn ich höre, wie sich die Wellen brechen und an den Strand schlagen; wenn ich die Weite sehe, wenn mich die schiere Unendlichkeit in ihre Arme nehmen will, ist es um mich geschehen. Ich muss ins Wasser. Egal, wie kalt es ist. So auch hier in Schottland. Sachen ausziehen, Luft anhalten, reinspringen. Fast ist es ein wenig magisch. Kaum tauche ich ab, verschwindet alles, was ich sonst so mit mir rumtrage. Und so schwimme ich und schwimme und vergesse mich, vergesse alles, spüre nur noch eine Kraft, die Wellen, Wind und mich in einem diffusen Etwas aufgehen lässt.
Eine gefühlte Ewigkeit später steige ich aus dem Wasser. Meine Beine zittern, mein Blick verliert sich irgendwo im Nichts. Bis ich sie da liegen sehe auf der rot-orange karierten Decke. Aufmerksam folgen Jimmy und Herr König jedem meiner Schritte. Und irgendwie sehen sie zufrieden, glücklich aus. Und genauso fühle ich mich plötzlich. Denn mit einem Schlag bin ich wieder hier im Jetzt. Wahlweise könnte ich einen Salto schlagen oder vor Rührung brüllen, da mir bewusst wird, dass da jemand ist, der auf mich wartet, der froh ist, wenn ich, nachdem ich weg war, wiederkomme. Sofort geht mir das Herz auf, laufe grinsend durch den Sand und werfe mich mit einem Sprung zu ihnen auf die Decke. Jimmy schreit belustigt, weil ich ihm einen Kälteschock versetze; Herr König bellt, wie es sich für eine Majestät gehört, empört, eher er sich knuffig schüttelt. Dann rücken wir zusammen. Knuddeln. Schlafen ein. Und als ich wach werde, weiß ich, dass ich, egal, wo ich gerade bin, ob zu Hause oder Tausende Kilometer entfernt, immer längst angekommen bin. Bei mir und allem, was mir wichtig ist.
Wünsche euch eine wundervolle Woche, ihre Lieben. Taucht ab, taucht ein, fühlt das Leben, lasst es nicht ausschließlich wie einen langen, ruhigen Fluss an euch vorbeiziehen.
Euer Tommy
Tommy im Buchhandel
Es gibt ja Dinge, über die freuen wir uns, obwohl sie im Grunde nichts Besonderes sind. Ich zum Beispiel freue mich, wenn ich morgens ausnahmsweise mal auf Anhieb zwei passende Socken in der Schublade finde, denn ja, ich geb’s ganz offen zu, ich bin eine Sockenschlampe.
Wenn meine Socken gewaschen und getrocknet sind, werfe ich sie, ohne sie zu Paaren zusammenzulegen oder zusammenzuknüllen in den Schrank (ab dafür; Chaos; selbst schuld, ich weiß!).
Ebenso freu ich mich, wenn sich das kleine türkisblaue 1-Euro-Windrand in meinem Garten dreht; ich finde das irgendwie total beruhigend.
Oder eben im Wald. Da kam mir eine Frau entgegen, in sich gekehrt wie ich, und erst wollten wir beide einfach so aneinander vorbeigehen, doch dann hoben wir unseren Blick und lächelten uns beiläufig an. Das war warm und schön.
Ach ja, und dann hab ich gerade noch was, was mich als Tommy, der Autor, freut. Mein Buch „Forever – Solange wir uns halten“ gibt’s jetzt auch im Buchhandel vor Ort, also in eurer Buchhandlung um die Ecke. Und wenn es mal vergriffen ist – was bei dem Run auf „Forever“ absolut realistisch ist, schließlich war es in Trinidad and Tobago Platz 1 der deutschsprachigen Tommy-Büchercharts (zwinker, zwinker), könnt ihr den Buchhändler anhauen und ihn es bestellen lassen.
Oder ihr meldet euch per Privatnachricht bei mir. Von mir kriegt ihr ja ebenfalls jedes Tommy-Buch – signiert und mit Widmung und ganz persönlich und so.
So, nun aber genug der Neuigkeiten. Ich schreibe gleich mal an Tommy #7 weiter und schaue zwischendurch sicher immer mal wieder aufs kleine türkisblaue Windrand, das mir so leicht und frei und easy vorkommt.
Wünsche euch einen großartigen Tag, und sagt doch mal, falls ihr Lust habt, über was ihr euch denn gerade freut. Was gibt’s bei euch Schönes?
Euer Heute-barfuß-also-nix-mit-Sockensuche-Tommy
Vom Unterwegssein und Finden
Man sieht nur, was man weiß.
Das steht auf dem Einschlag des Reiseführers, den ich mir am Tag unserer Abreise nach Schottland unter den Arm geklemmt hab. Und bei vielem, was wir hier unterwegs so treiben, stimmt das auch. Bei Führungen durch Burgen und Schlösser beispielsweise werde ich – wenn mich nicht gerade die Müdigkeit überkommt; upps – in der Tat erst auf vieles aufmerksam, wenn mich der Guide darauf hinweist.
Manchmal aber will ich mir nicht sagen lassen, was ich sehen, was ich wissen soll.
Manchmal will ich lieber fühlen. Lieber träumen, fantasieren. Lieber einfach so draufloslaufen und mich überraschen lassen. Von der Natur, von der Örtlichkeiten und in erster Linie von den Menschen.
Echt, ich liebe das; auch wenn ich mir dafür manchmal wegen meiner Bequemlichkeit selber in den Hintern treten muss.
Ja, wirklich, das erfüllt mich. Denn sobald ich mich von den Vorstellungen, die ich hab, befreie; sobald ich versuche, keine Erwartungen, keine Pläne zu haben, mache ich Erfahrungen, die zu bleibenden Erinnerungen werden. Schwupps lande ich an Orten, wo mein Herz ganz leicht und jung und frei wird und an denen ich mich endlich wieder ganz fühle; ruck, zuck bin ich mit wundervollen Menschen im Gespräch, die plötzlich Sam oder Margaret oder Donna statt irgendwelche Fremde sind.
Es ist wahr – etwas zu wissen, eröffnet uns Horizonte.
Aber fühlen, frei sein, lieben – das tun wir, wenn wir bereit sind, uns auf Neues, Anderes, Fremdes – und Fremde – einzulassen. Nicht nur auf Reisen.
Euer Tommy
Wünsche euch eine spannende, erfüllende Reise durch die kommenden Tage
Der Glück in einer Erbsensuppe
Manchmal müssen wir in die Ferne schauen,
um zu sehen, wie wertvoll jenes ist,
was wir direkt vor uns haben.
Manchmal ist ein feuchtes Zelt
der schönste Ort der Welt.
Und manchmal, ja manchmal, viel zu selten,
reicht ein Teller Erbsensuppe,
eine Dose Bier und eine Hand, die sich auf unsre Schulter legt,
um wunschlos, selig in den Schlaf zu gleiten.
Liebe Grüße aus der Ferne.
Wünsche euch einen wundervollen Tag!
Euer Tommy
Wie ein Blick zum Himmel
Huhu, ein kleines Lebenszeichen. Jimmy, Herr König und ich haben hier in Schottland ‘ne echt gute Zeit. Ich hab schon gefühlte 178.490 Stunden Schlaf aufgeholt, ich hab unbesteigbare Berge („Da kann man nicht rauf“, sagte Jimmy; dann erst recht!) erlaufen … und ich hab‘ gestern bei der Morgentoilette auf dem Campingplatz zu energisch am Klopapier gezogen, woraufhin die Mechanik des Klopapiergeräts mal gepflegt auf Cocooning gemacht hat. Soll heißen: Das Papier hat sich zurückgezogen und mich sprichwörtlich sitzen lassen. So’n Mist aber auch – gemütlich war das Klo nämlich nicht. Doch ich hab‘s ganz easy mit ganz mittelmäßigem, verrostetem Englisch gelöst: „Dear Big-Business-Nachbar, kannst du reach me some Klo-Paper, please?“
Also so ungefähr. Ich habe schon die feine englische Art gewährt, keine Sorge. Aber very exciting and interesting war‘s trotzdem. Denn so ist‘s halt. Manchmal schwindet das Klopapier. Und manchmal der Glaube daran, dass das, was wir tun, das Richtige ist. Doch immer, immer hilft der Blick nach nebenan. Zum Toilettennachbarn, zum Menschen, der ein Stück unseres Weges mit uns geht, vielleicht auch ein Blick zum Himmel. In die Weite.
So, und jetzt verkrümel ich mich wieder in unser Buschen (beschissenes Wort, die Verniedlichung von Bus, oder? Ich lese immer Buschen statt Bus-chen).
Habt euch wohl; ich hab euch lieb.
Und please, don‘t wundert euch, that diesmal i don‘t answer sofort auf your answer. I have first to knuddel und knutsch my Jimmy and my Herrn König. And to go on travelling. Aber seid euch for sure: Ich lese irgendwann all of your lovely Zeugs. Und zwar gern.
Euer Tommy