Mädchenstimmen

Über Musik lässt sich nicht streiten. Ich weiß. Aus der eigenen Sicht hört man selbst stets supergeiles Hammerzeugs, während die anderen irgendwelchen Käse hören. Musik ist nichts Objektives. Jedem das Seine.
Aaaaaber: Was zu weit geht, geht zu weit. Was ich zurzeit höre, wenn ich das Radio einschalte – egal, ob nun SWR, NDR oder WDR, geschweige denn die Privaten – ist zum Teil keine Musik mehr, das ist gequirlte Hühnerkacke.
Ich mag singende Mädchen. Ehrlich. Wenn ich am Wochenende morgens ausgeschlafen wach werde und die Nachbarsmädchen draußen Hickelkästchen spielen und dazu fröhlich singen höre, geht mir voll das Herz auf. Wenn im Radio aber ein nichts sagendes Mädel nach dem nächsten einen eben so nichts sagenden Tra-la-la-und-schu-bi-du-Song ins Mikrofon haucht, krieg’ ich so langsam echt die Krise.
Wo wir auch schon voll beim Thema sind: Laut Musikwissenschaft werden wir in Krisenzeiten besonders oft mit Cover-Versionen gequält. Soll heißen: Haben die Menschen Schiss, hören sie Scheiße.
Kann ich voll bestätigen. Mein Fitnessstudio quält mich täglich mit einem privaten Idiotensender, in dem sich eine musikalische Katastrophe (ich sage nur: Hohlbirnen-Mädel covert Depeche Mode) mit einem An-den-Kopf-pack-Hörer-Interview abwechselt.
Kostprobe gefällig? Okay, ihr wolltet es nicht anders.
Moderator ruft die Schwachmaten, äh – die Hörer, dazu auf, anzurufen und sich übers kalte Wetter auszulassen. Mädel meldet sich. Ich nenne sie jetzt mal Chayenne. Chayenne heißt übersetzt übrigens “Helle Sonne”. Das nur am Rande, denn helle war die nicht.
Zitat Chayenne (sie bemüht sich, Hochdeutsch zu reden): “Äh, also, das Wetter … finde ich nicht so schön. Weißt du? Immer der Schnee und so. Ich liege lieber in der Sonne und so.”
Moderator: “Also lieber Sommer statt Winter?”
Chayenne: “Ja, voll. Meine Freundin sagt schon immer: ‘Ey, du musst nach Afrika!'”
… Äh, Radiosender – danke, dass ich jetzt weiß, was Chayenne und ihre Freundin so in der Rübe haben. Und dass ihr mich informiert habt, dass Marco und sein Kumpel Jay den Winter “hammergeil” finden, weil man da beim Eislaufen “voll die Frauen anlabern kann.”
Aber zum Glück dauern diese Interviews ja stets nur kurz. Schließlich wartet schon die nächste Cover-Version darauf, gespielt zu werden. “What is Love?”, natürlich gesungen von einem La-la-la-und-niedlich-ausseh-Mädchen. “Baby, don’t hurt me, don’t hurt me, no more…”
Genau. Sag ich doch! Bitte, bitte tut mir mit dieser Musikfolter nicht mehr weh … Don’t hurt me, no more …
Doch wenn ich die neuesten Trump-Folter-Meldungen höre, fürchte ich: Das geht so weiter mit der musikalischen Hühnerkacke. Ihr erinnert euch? Menschen haben Schiss = hören Scheiße …
Wünsche euch einen fröhlichen Tra-la-la-Donnerstag mit Tiefe
Tommy

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